Stellungnahme: Keine wissenschaftliche Grundlage für Zusammenhang zwischen Paracetamol und Autismus
Stellungnahme des Landesverbandes autismus Bayern e.V. zu den Äußerungen über einen angeblichen Zusammenhang zwischen Paracetamol und Autismus
Der Landesverband autismus Bayern e.V. widerspricht mit Nachdruck den kürzlich vom US-Präsidenten Donald Trump getätigten Aussagen, die einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Paracetamol (Acetaminophen) in der Schwangerschaft und Autismus suggerieren. Diese Aussagen entbehren jeder wissenschaftlichen Grundlage und gefährden sowohl die medizinische Versorgung schwangerer Frauen als auch die gesellschaftliche Wahrnehmung von Autismus.
Die wissenschaftliche Faktenlage ist eindeutig
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat sich am 24. September 2025 klar zu diesem Thema positioniert: Es gibt derzeit keine schlüssigen wissenschaftlichen Beweise, die einen möglichen Zusammenhang zwischen Autismus und der Anwendung von Paracetamol während der Schwangerschaft bestätigen. Umfangreiche Forschungsarbeiten wurden im letzten Jahrzehnt durchgeführt, einschließlich groß angelegter Studien, die sich mit Verbindungen zwischen der Anwendung von Paracetamol während der Schwangerschaft und Autismus befassten – bislang wurde kein durchgängiger Zusammenhang festgestellt.
Die WHO betont zudem, dass zwar in den letzten Jahren das Bewusstsein und die Diagnose von Autismus verbessert wurden, die genauen Ursachen jedoch noch nicht endgültig geklärt sind und dass mehrere Faktoren eine Rolle spielen können.
Wir unterstützen ausdrücklich die Stellungnahme von Aspies e.V. zu diesem Thema und schließen uns deren Forderungen nach einer evidenzbasierten Aufklärung an.
Autismus ist keine Krankheit, die es zu "verhindern" gilt
Solche irreführenden Aussagen verstärken ein grundsätzlich falsches Verständnis von Autismus. Autismus ist keine Krankheit, die es zu verhindern gilt, sondern eine neurologische Variante menschlicher Entwicklung. Autistische Menschen sind ein wertvoller und selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft.
Zusammen mit der WHO steht autismus Bayern e.V. an der Seite von Menschen, die mit Autismus leben, und ihren Familien – einer würdevollen Gemeinschaft, die Anspruch auf evidenzbasierte Betrachtung frei von Stigmatisierung hat.
Die unverzichtbare Rolle der Selbsthilfe
Gerade in Zeiten, in denen wissenschaftlich nicht fundierte Behauptungen verbreitet werden, zeigt sich die immense Bedeutung qualifizierter Selbsthilfearbeit. Der Landesverband autismus Bayern e.V. und seine Mitgliedsorganisationen leisten seit Jahrzehnten unverzichtbare Arbeit:
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Realistische Aufklärung: Wir vermitteln ein evidenzbasiertes, differenziertes Bild von Autismus, das sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen und den Erfahrungen autistischer Menschen selbst orientiert.
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Unterstützung und Beratung: Wir begleiten autistische Menschen, ihre Familien und Angehörige mit fachkundiger Beratung und praktischer Hilfe im Alltag.
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Interessenvertretung: Wir setzen uns für die Rechte und Bedürfnisse autistischer Menschen in allen Lebensbereichen ein – von der Bildung über die berufliche Teilhabe bis zur gesellschaftlichen Inklusion.
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Vernetzung: Wir schaffen Räume für Austausch und gegenseitige Unterstützung, in denen autistische Menschen und ihre Angehörigen Verständnis und Gemeinschaft finden.
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Empowerment: Wir stärken autistische Menschen darin, ihre Stimme zu erheben und ihre Perspektiven selbst zu vertreten.
Unser Aufruf
Wir fordern:
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Verantwortungsvolle Kommunikation: Personen des öffentlichen Lebens müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein und dürfen keine wissenschaftlich unbelegten Behauptungen über Autismus verbreiten.
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Evidenzbasierte Aufklärung: Die Aufklärung über Autismus muss auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren und die Perspektiven autistischer Menschen einbeziehen.
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Stärkung der Selbsthilfe: Die Selbsthilfearbeit im Autismus-Bereich muss weiter unterstützt und ausgebaut werden, um verlässliche Information und kompetente Begleitung sicherzustellen.
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Respektvoller Diskurs: Autismus darf nicht als Problem dargestellt werden, das es zu "verhindern" gilt, sondern als Teil menschlicher Diversität, die Respekt und Anerkennung verdient.
Quellen und verwandte Inhalte
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World Health Organization (WHO): "WHO statement on autism-related issues", 24. September 2025,
https://www.who.int/news/item/24-09-2025-who-statement-on-autism-related-issues -
Stellungnahme Aspies e.V. zu den Äußerungen des US-Präsidenten, 26. September 2025,
https://aspies.de/offener-brief-donald-trump-aeusserte/